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Die Jubiläen haben es so in sich

22.11.2018 | Nicht nur Sonne haben wir in diesem Jahr reichlich, auch Jahrestage, die es wert sind sich an ihren Anlaß zu erinnern. Betrachter der Deutschen Geschichte werden die Tage der November- Revolution von 1918 an die erste Stelle stellen. Sie war prägend für die weitere Geschichte unseres Landes.

Nicht nur Sonne haben wir in diesem Jahr reichlich, auch Jahrestage, die es wert sind sich an ihren Anlaß zu erinnern. Betrachter der Deutschen Geschichte werden die Tage der November- Revolution von 1918 an die erste Stelle stellen. Sie war prägend für die weitere Geschichte unseres Landes. Deshalb wird in diesen Wochen zurecht der 100. Jahrestag in allen Medien genannt, Verrat gegen Patriotismus, Strategie gegen Taktik, Zivil gegen Militär abgewogen. Ermordete wie Gefallende gewürdigt. Richtig, die Novemberrevolution von 1918 verdient es als erste genannt zu werden. Sie prägte die weitere Geschichte unseres Landes. Die Machtergreifung des Faschismus, dem die  Kristalnacht 1938 folgte und schließlich in den zweiten Weltkrieg mündete, mit Millionen Toten, Not und Elend für viele Jahre ergab sich sozusagen zwangsläufig aus der verratenen und steckengebliebenen Novemberrevolution. Die blutige Diktatur der Faschisten, verbunden mit der „Endlösung“, sprich Ermordung, der Juden in Deutschland war das Vorspiel. Was folgte ist bekannt: 6 Jahre Völkermorden in Europa. Allein in der UdSSR 25 Millionen Tote, in Deutschland mindestens sieben.

 

Aber auch jüngere, nur scheinbar weniger bedeutsame Daten verdienen ins Gedächtnis gerufen zu werden: Die letzte Interzonenkonferenz der beiden mächtigen Gewerkschaftsverbände in Deutschland, FDGB und DGB, der letzte Versuch die Einheit der Arbeiter und Angestellten zu sichern, und damit die Einheit Deutschlands, scheiterte 1948. also vor 70 Jahren.

 

Die 65 spielt auch eine wichtige Rolle im Leben der Menschen. Ist diese Zahl nicht die Grenze für ein langes Arbeitsleben? Den 65. Geburtstag feiern jedenfalls die Meisten mit besonderem Aufwand und er stellt wohl auch eine gewisse Zäsur dar.

 

Beim Nachdenken über weitere Jubiläen fiel mir die Zahl 1953 ein. „Arbeiteraufstand in der Ostzone“ sehe ich im geistigen Auge die Überschrift vieler Zeitungen von vor 65 Jahren. Ja, es gab diesen Aufstand.

Unrecht war den Bauarbeitern geschehen. Ohne Aussprache wurden Normen erhöht. Anderes kam hinzu. In vielen Betrieben erinnerte man sich an den „starken Arm“ der die Maschinen zum anhalten bringen kann, so man sich denn einig ist und sich nicht von Trittbrettfahrern ablenken läßt sondern die berechtigten Interessen und Forderungen beharrlich verfolgt. Eine der entscheidenden Lehren der Novemberrevolution.

 

Der Zorn der Bauarbeiter der (damals hieß sie so) Stalinallee war berechtigt und es war nicht nur die Stalinallee, es war überall in unserer gerade gegründeten Republik. Es dauerte auch nicht lange, da wurde korrigiert, was zu korrigieren war. Neuer Kurs nannte man es.

Mehr Rechte für die Gewerkschaften, mehr Mitbestimmung in den Betrieben.

Aber auch Wohnungen kamen! Und was für Wohnungen. Viele mit Fahrstuhl, Müllschluckern, Grün zwischendurch. Auch die Kneipen, Verzeihung „Wohngebietsgaststätten!“ waren nicht vergessen worden, geschweige denn Kindereinrichtungen, Waschhäuser mit leistungsfähigen Waschmaschinen und natürlich eine befriedigende Zahl von Geschäften. Das warme Wasser kam aus der Wand, ebenso wie die Wärme. Manches musste später etwas korrigiert werden. Zu sehr wurde die Ökonomie außerbetracht gelassen. Man kann nur das verbrauchen was man vorher erarbeitet hat. Die zu geringen Kaltmieten wurden etwas nach oben korrigiert. Die Mieter selbst waren es die sagten, so geht das nicht. Es müssen Korrekturen vorgenommen werden. Aber sie waren kaum spürbar und mit heutigen Mietwucher der Immobilienhaie nicht zu vergleichen.

Und wer zog ein? Zu allererst diejenigen die sie gebaut hatten. Bauarbeiter, Arbeiter überhaupt. Du musste schon Aufbaustunden geleistet haben wolltest du eine Wohnung in der Stalinallee haben. Anders ging gar nichts.

 

Aber nun ist ein neues Zeitalter in Deutschland eingeläutet worden. Und man hält Rückschau. Wie die Novemberrevolution, oder die Kristallnacht, oder auch die schweren Aufbaujahre nach 1945 und die 40 Jahre DDR.

 

Träume erfüllten sich, Träume platzten. Neue Ordnungen billigten wir. Vieles geschah zum Guten.

Aber um vieles, was wir schon als Selbstverständlichkeit betrachtetet hatten, müssen wir heute wieder kämpfen. Das längst vergessene Wort Streik ist wieder geläufig geworden. Ach ja, die Stalinallee und der 17. Juni 1953. 65 Jahre ist es erst her und wieder geht es um Recht. Leute die ihre Geschäfte mit dem Wohnen machen wollen, greifen zu dem, wo wir glaubten es sei schon fast unser Eigentum, weil wir es doch erarbeitet haben. Nicht juristisch, nicht per Grundbuch. Das war uns alles nicht so sehr geläufig in dieser vergangenen Zeit. Ein Fehler, wie sich zeigt. Die „Geldverdiener ohne zu arbeiten“ wissen es besser wie man´s machen muss. Sie kennen sich aus im Dschungel der Gesetze. Vieles wurde schon abgewehrt. Gelingt es auch diesmal die Geldgier in die Schranken zu verweisen? Vieles liegt in der Hand der gewählten Abgeordneten. Wird es aber wieder ein Kuhhandel geben, ein Verrat wie 1918? Die Karl-Marx-Allee soll verkauft werden, so meldeten es Gazetten. Mit den Arbeiterquartieren läßt sich Geld scheffeln! Die Mieter, oft schon seit Übergabe des Neubaus, haben lange genug Preiswert darin gewohnt, nun werden „anständige Mieten“ festgelegt und Gutverdiener ziehen ein.

 

In Potsdam das gleiche. Im Angergrund sollen die Gärten einem Immobilien- Deal weichen. Mit wieviel Mühen, aber auch Freuden haben Potsdamer dort ihre Gärten geschaffen. Das interessiert den Geldschachern nicht. Profit zählt!

 

Ein erster Erfolg wurde erreicht: Eine Baugenehmigung soll es jedenfalls im Augenblick nicht geben. Hält das auch, diese Zusage des Parlaments?

 

Sagen wir mal so: Auch Abgeordnete haben nicht so viel Pech am Hintern, dass sie auf ewig am Sessel kleben bleiben, das ist erst kürzlich einem sehr „hohen Beamten“ auf Regierungsebene zum Bewusstsein gebracht worden.

 

Niemand sage, das ist Berlin und hier ist Potsdam. Wir haben auch unsere Garnisonkirche. Und das ist nicht alles. Aber das Wort der Solidarität ist noch nicht aus unsrem Sprachgebrauch gestrichen. Auch in Potsdam ist das Wohnungsproblem nicht gelöst und die Mieten schwellen ungehindert an. Und auch in Potsdam gilt  es zu verteidigen was wir einst unter oft schwierigen Bedingungen erarbeitet haben das es nicht zum Spielball von „Geldverdienern ohne Arbeit“ wird, wie Waldstadt, Schlaatz u.a.

 

„Ist das alles Sache der Gewerkschaft“ höre ich fragen? Sind denn Gewerkschaftsmitglieder keine Mieter? Ja, wo anders als in der Gewerkschaft sind die Arbeiter organisiert, haben sie Macht und Einfluss. Das beweisen doch viele Streikaktionen um höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen. Nun geht’s  mal ums Wohnen. Das ist doch auch unser Leben, und nicht wenig! Nutzen wir  unsere Organisation um zu verteidigen was wir zum Leben brauchen.  Wie hieß es 1918?

                                                               

                                                         Trotz alle dem

(Eine NachdenklichKeit von K. Koopmann. IG Metallmitglied seit 1947)

 

Von: kf

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