Tarifrunde im Kfz-Handwerk 2021

Arbeitgeber verweigern konkretes Verhandlungsangebot – Warnstreik bei Volkswagen Automobile Potsdam

08.06.2021 | Die Kolleginnen und Kollegen von Volkswagen Automobile Potsdam haben am Dienstag, 8. Juni, ab 10 Uhr die Arbeit niedergelegt, um den Druck auf die Arbeitgeber im Kfz-Handwerk in der laufenden Tarifrunde zu erhöhen. Mit ihrem zweieinhalbstündigen Warnstreik vor dem Werkstor machten die Beschäftigten eindrucksvoll deutlich, dass sie von den Arbeitgebern in Berlin, Brandenburg und Sachsen erwarten, dass diese in der dritten Verhandlungsrunde am 9. Juni in Berlin-Schönefeld endlich ein akzeptables Angebot auf den Tisch legen.

Die Kolleginnen und Kollegen bei Volkswagen Automobile Potsdam wollen am Erfolg ihres Unternehmens beteiligt werden. - Fotos: Volker Wartmann

Bodo Grzonka, IG Metall-Verhandlungsführer Berlin-Brandenburg-Sachsen, erläutert den Kolleginnen und und Kollegen den Stand der Verhandlungen.

Die Botschaft der Metaller Peter Juris (links) und Dietmar Kolpin (rechts) in Richtung Arbeitgeber ist unmissverständlich: vier Prozent mehr Lohn.

Bei Warnstreik bei strahlendem Sonnenschein sind die Schattenplätze zeitweise sehr beliebt.

Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam (links), Bodo Grzonka, IG Metall-Verhandlungsführer (Mitte) und IG Metall-Gewerkschaftssekretär Dietmar Kolpin (rechts) fordern von den Arbeitgebern, dass diese endlich ein konkretes Verhandlungsangebot auf den Tisch legen.

IG Metall-Verhandlungsführer Bodo Grzonka erläutert einem Journalisten vom RBB-Inforadio die Forderungen der IG Metall.

Warnstreik und gute Laune sind kein Widerspruch.

Eine klare Botschaft.

Applaus: Die Kolleginnen und Kollegen bei Volkswagen Automobile Potsdam unterstützen die Forderungen der IG Metall.

Energydrinks mit Botschaft.

„In den bisherigen zwei Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber noch kein konkretes Angebot vorgelegt“, erläuterte Bodo Grzonka, IG Metall Verhandlungsführer für Berlin-Brandenburg-Sachsen den Kolleginnen und Kollegen. „Stattdessen sprachen sie von Entlastung und einer Erhöhung erst im April nächsten Jahres.“ Das sei selbstverständlich „vollkommen inakzeptabel“. Die IG Metall werde nicht zulassen, dass die Beschäftigten keinen fairen Anteil am Erfolg der Unternehmen erhalten, so Grzonka.

„Unsere Forderung von vier Prozent mehr Entgelt für zwölf Monate ist mehr als berechtigt. Und für die Auszubildenden muss es überproportional noch deutlich mehr geben. Nur Fleischer verdienen im ersten Ausbildungsjahr weniger als Azubis im Kfz-Handwerk“, so Grzonka. „Wenn die Arbeitgeber auf unsere Forderungen eingehen, bedeutet das für sie nicht den Untergang des Abendlandes. 2020 war für das KFZ-Gewerbe ein gutes Jahr, das beste nach dem Rekordjahr 2019.“

Grzonka kündigte an: „Wenn die Arbeitgeber uns morgen kein ordentliches Angebot vorlegen, werden wir den Druck weiter erhöhen. Die Karussellbremser auf der Arbeitgeberseite sollten sich gut überlegen, ob sie das wollen.“

Peter Juris, Metaller und Mitglied des Betriebsrats bei Volkswagen Automobile Potsdam, appellierte an die Solidarität der Kolleginnen und Kollegen. „Wir müssen noch mehr Kolleginnen und Kollegen dafür gewinnen, unsere Solidargemeinschaft zu unterstützen“, so Juris. „Wir wollen am Erfolg unseres Unternehmens fair beteiligt werden. Das heißt, wir wollen einen fairen und guten Lohn für unsere gute Arbeit, nicht nur ein paar Krümel. Wenn sich unser Konzern als hervorragender Arbeitgeber preist, gehört dazu auch eine hervorragende Bezahlung.“

„In der Metall- und Elektroindustrie haben wir in dieser Tarifrunde erste Schritte in Richtung Angleichung Ost erreicht“, sagte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam. „Darum geht es auch im Kfz-Handwerk. Denn auch hier bestehen noch große Lohnlücken im Vergleich zum Westen. Darum ist es wichtig, raus auf die Straße zu gehen und Gesicht zu zeigen. Jeder Einzelne zählt, auch in den kleinen Betrieben. Und wenn unser deutliches Zeichen heute nicht reichen sollte, werden wir ein weiterhin Flagge zeigen.“

Die IG Metall verhandelt mit der „Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe“ (TG MDK), der sich vor allem die großen Firmen, jedoch weniger als ein Drittel aller Betriebe, durch direkte Tarifbindung angeschlossen haben. Von einem Neuabschluss der Tarifverträge könnten dennoch rund 37.000 Beschäftigte in 3.400 Betrieben profitieren, da sich diese Kfz-Betriebe an den Tarifergebnissen der Branche orientieren. Die im Handwerk zuständigen Kfz-Innungen haben vor einigen Jahren ihre Tarifpartnerschaft mit der IG Metall vollständig aufgegeben.

Gesellinnen und Gesellen im Kfz-Handwerk in Berlin, Brandenburg und Sachsen erhalten bis zu 25 Prozent weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen in westdeutschen Autohäusern. Das bedeutet bis zu 6.500 Euro weniger im Jahr. Das Handwerk in der Region leidet besonders unter Abwanderung. Nur ein Drittel der jungen Gesellinnen und Gesellen verbleibt in den handwerklichen Metall- und Elektroberufen inklusive der Kfz-Betriebe. Ein Drittel wechselt in die Industrie, der Rest in andere Bereiche. Annähernd 50 Prozent der Betriebe beklagen einen starken Fachkräftemangel. Eine wesentliche Ursache ist das dramatisch geringere Einkommen gegenüber dem in der Industrie.

 

Von: vw

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