01.04.2025 | Es klingt wie ein Aprilscherz, ist aber leider keiner: Die Geschäftsführung bei Diehl in Zehdenick bietet ihren Beschäftigten nach drei Verhandlungsrunden über einen neuen Tarifvertrag eine Entgelterhöhung von durchschnittlich lächerlichen 1,18 Prozent mehr für die Jahre 2025 und 2026 an. Eine Provokation für die Kolleginnen und Kollegen: Sie legten am ersten Tag nach Ende der Friedenspflicht am 1. April für zwei Stunden die Arbeit nieder, um den Druck auf die Arbeitgeberseite in der laufenden Tarifrunde spürbar zu erhöhen.
Zwischen 13.00 und 15.00 Uhr versammelte sich bei strahlendem Sonnenschein nahezu die gesamte Frühschicht auf dem Gehweg gegenüber dem Werkgelände, um ein unmissverständliches Signal an ihren Arbeitgeber zu senden. Auch zahlreiche Beschäftigte der Spätschicht kamen schon lange vor ihrem Arbeitsbeginn vorbei.
„Es ist eine Dreistigkeit des Arbeitgebers, so wenig zu bieten“, sagte Metallerin Maren Kuhnert, Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommission bei Diehl. „Die Kolleginnen und Kollegen sind über das Angebot des Arbeitgebers mehr als erschüttert.“ Die Belegschaft sei sauer, so Kuhnert. „Besonders die Kolleginnen und Kollegen in der Produktion scharren mit den Hufen und wollen etwas bewegen.“ Wenn der Arbeitgeber jetzt nicht endlich ein deutlich besseres Angebot vorlege, seien die Kolleginnen und Kollegen bereit, erneut vor das Tor zu kommen, so Kunert. Sie unterstrich: „Die Belegschaft steht geschlossen hinter den Forderungen der IG Metall und ist kampfbereit.“
Die IG Metall Oranienburg-Potsdam fordert für die rund 360 Beschäftigten am Diehl-Standort Zehdenick eine Entgelterhöhung von sieben Prozent bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten. Für Auszubildende fordert die Gewerkschaft 170 Euro mehr pro Monat, außerdem einer Erhöhung des Urlaubsgeldes um fünf Euro pro Urlaubstag. Außerdem will die IG Metall eine Beschäftigungssicherung für die Beschäftigten am Standort Zehdenick erreichen.
„Ihr erwartet zu Recht eine Wertschätzung ihrer Arbeit“, sagte Anne Borchelt, Verhandlungsführerin der IG Metall und Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam in ihrer Rede zu den Kolleginnen und Kollegen. „Ihr braucht eine Entgelterhöhung, insbesondere weil die Entgelte bei Diehl in Zehdenick nahezu 25 Prozent unter denen der Beschäftigten liegen, die über einen Flächentarifvertrag tarifgebunden sind.“
Neben einer Entgelterhöhung brauche die Belegschaft auch eine Garantie für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, betonte Borchelt: „In herausfordernden Zeiten bedarf es einer Sicherheit für die Beschäftigten. Deshalb brauchen wir eine Beschäftigungssicherung hier am Standort Zehdenick.“
Der Arbeitgeber habe in den Verhandlungen gesagt, die Beschäftigten sollten doch zufrieden sein, wenn sie ihren Lohn pünktlich ausgezahlt bekommen, so Borchelt: „Solche Aussagen sind absolut respektlos gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die hier Tag für Tag 40 Stunden in der Woche gute Arbeit leisten.“
Dem Konzern gehe es beileibe nicht schlecht, sagte Thomas Weber bei seiner Ansprache an die Warnstreikenden. Weber ist der zuständige Gewerkschaftssekretär für Tarifpolitik in der Metall- und Elektroindustrie im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. Darum müsse der Konzern auch Verantwortung für den Standort Zehdenick übernehmen, so Weber. Er sei „erschrocken“ über das Angebot der Arbeitgeberseite, so Weber. „Ein solches Angebot zeigt, dass der Arbeitgeber seine Verantwortung für die Beschäftigten und die Region nicht wahrnimmt.“ Mit Blick auf die große Beteilung an diesem Warnstreik sagte Weber zu den Kolleginnen und Kollegen: „Ich hoffe, dass der Arbeitgeber dieses starke Signal, dass ihr heute sendet, endlich versteht und sich bewegt. Denn ihr braucht Sicherheit.“
Die Situation bei Diehl Advanced Mobility ist seit längerem äußerst angespannt. Die Geschäftsführung hat am Standort Zehdenick im vergangenen Jahr massiv Stellen abgebaut. 2023 arbeiteten bei dem Automobilzulieferer noch rund 800 Beschäftigte. Mittlerweile sind es nur noch etwa 360. Der Arbeitgeber verlängerte befristete Arbeitsverträge nicht, die letzten befristeten Verträge liefen Ende März 2025 aus. Ein erheblicher Teil der Belegschaft musste das Unternehmen über ein Freiwilligenprogramm verlassen.