Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie 2018

Ganztägiger Warnstreik: ZF-Beschäftigte erhöhen den Druck

01.02.2018 | Seit 5 Uhr in der Früh geht nichts mehr an diesem Donnerstag bei ZF in Brandenburg/Havel – hinter dem Werktor. Davor ist jede Menge los. Die Beschäftigten des Getriebewerks haben ihren Betrieb lahm gelegt – für 24 Stunden – und sich dort versammelt, wo Tarifverhandlungen entschieden werden: vor dem Werktor. Mit ihrem ganztägigen Warnstreik zeigen sie den Arbeitgebern für deren Verweigerungstaktik die gelb-rote Karte.

Stillstand hinter dem Werktor von ZF Foto: IG Metall

Gelb und rot sind an diesem Tag auch die beherrschenden Farben vor dem Werktor: gelbe Warnstreikwesten, rote IG Metall-Jacken, -Mützen oder -Schals. Die können die Beschäftigten auch gut gebrauchen. Zwar scheint die Sonne, die Temperaturen aber bewegen sich nur knapp oberhalb des Gefrierpunkts.

Eisige Stimmung

Temperaturen, die auch die Stimmung gegenüber den Arbeitgebern beschreiben, die „dickköpfig und stur“ am Verhandlungstisch gesessen haben. So fasste Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, in seiner Rede das Verhalten der Arbeitgeber während der fünften Verhandlungsrunde in Baden-Württemberg zusammen. Die war am Samstag ergebnislos geblieben, weil das Arbeitgeberlager keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen ließ. Im Gegenteil: Zugeständnisse, die zuvor in kleinen Arbeitsgruppen bereits gemacht worden waren, wurden während der Verhandlung zurückgezogen.
Diese Rolle rückwärts beantworteten die ZF-Kolleginnen und -Kollegen in Brandenburg an der Havel am Donnerstag – wie bundesweit an diesem Tag in rund 100 Betrieben – mit 24-stündigen Warnstreiks. „Das ist genau die richtige Antwort auf das Verhalten der Arbeitgeber“, rief Hans-Jürgen Urban den Warnstreikenden in einem rappelvollen Zelt zu.

Ohne Aussicht auf "35" keine Einigung

Zentrale Forderung der ZF-Beschäftigten in Brandenburg ist und bleibt die Angleichung der Arbeitszeiten im Osten an das Westniveau. Sie sind es leid, fast drei Jahrzehnte nach dem Mauerfall noch immer wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zweiter Klasse behandelt zu werden. Ohne Aussicht auf Angleichung, das betonten sie auch am Donnerstag immer wieder, ist mit ihnen in diesem Tarifkonflikt keine Einigung zu erreichen. Ziel ist die im Westen übliche 35-Stunden-Woche. Überall vor dem Firmengelände finden sich Hinweise auf diese Forderung. „35 reicht!“ ist zum Beispiel auf den roten Schildern in weißer Schrift zu lesen.

Hans-Jürgen Urban ermutigte die Kolleginnen und Kollegen, sich weiter so engagiert für diese Forderung einzusetzen: „Es gibt keinen vernünftigen Grund mehr, die wöchentlichen Arbeitszeiten nicht anzugleichen“, sagte er. „Leistung, Produktivität und Gewinne sind schließlich auch längst angeglichen.“ Logische Konsequenz – und Ziel der IG Metall – sei daher, die 35-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit „überall in diesem Land“ zu etablieren. „Aber gerade ZF ist größter und stärkster Bremser, wenn es um die Angleichung der Arbeitszeit geht“, berichtete Hans-Jürgen Urban und forderte von den ZF-Verantwortlichen: „Gehen Sie endlich runter von der Bremse, machen Sie den Weg frei und gehen Sie nach vorne!“

Familienfest mit Makeln

Die Stimmung vor dem Werktor von ZF ist gut. Langeweile kommt mit Hüpfburg, Torwandschießen, großem Outdoor-Schachspiel oder mit Kartenspielen im Zeltinnern nicht auf. Für das leibliche Wohl der Warnstreikenden ist mit Soljanka, Sauerkraut und Kassler oder Bouletten und Knacker im Brötchen bestens gesorgt. Viel erinnert an ein Familienfest der IG Metall, eins mit Makeln. Denn gleichzeitig wird immer wieder klar, wie groß der Unmut über die mangelnde Bewegung der Arbeitgeber und deren Bereitschaft ist, auf die IG Metall zuzugehen. Die IG Metall fordert 6 Prozent mehr Geld für zwölf Monate und Wahloptionen für moderne Arbeitszeitmodelle mit Zuschüssen bei Kindern, Pflege oder belastenden Arbeitszeitmodellen. Darüber hinaus strebt die IG Metall eine Verhandlungsverpflichtung über die Angleichung der Arbeitszeiten zwischen Ost und West an, die für die ZF-Beschäftigten in Brandenburg so zentral ist.

Respektloses Verhalten gegenüber den Beschäftigten

„Die komplette Verweigerung der Arbeitgeber mit uns über Angleichungsmöglichketen der Wochenarbeitszeit an das Westniveau zu reden, ist eine Frechheit und respektlos“, kommentierte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall-Geschäftsstellen Potsdam und Oranienburg. „Wir fordern den Verband auf, endlich ins Gespräch zu kommen. Ansonsten wird es dauerhaft zu betrieblichen Auseinandersetzungen kommen.“

Und aus der noch vergleichsweise glimpflichen gelb-roten Karte, die die Beschäftigten mit ihren 24-stündigen-Warnstreiks zeigen, könnte ganz schnell auch eine „echte“ rote Karte werden. 

 

Berichterstattung

<link http: www.maz-online.de lokales brandenburg-havel arbeitskampf-mit-soljanka-und-huepfburg external-link-new-window>Märkische Allgemeine, 1.2.2018

Von: kk

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