11.11.2024 | Die Beschäftigten bei Alstom in Hennigsdorf sendeten wenige Stunden vor Beginn der vierten Verhandlung in der aktuellen Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie ein unmissverständliches Zeichen Richtung Arbeitgeber: Am 11. November legten sie zum zweiten Mal innerhalb einer Woche die Arbeit nieder, um ihrer Forderung nach mehr Geld Nachdruck zu verleihen. Rund 150 Kolleginnen und Kollegen versammelten sich zwischen 11.00 und 13.00 Uhr vor dem Werktor und protestierten lautstark und entschlossen gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeberseite.
Punkt 11 Uhr 11 begrüßte Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, die Warnstreikenden auf der Zufahrt vor dem Werktor – angesichts des Datums standesgemäß mit Narrenkappe: Am 11. November ist für Karnevalisten schließlich der Beginn der fünften Jahreszeit. In ihrer Rede – selbstverständlich in der karnevaltypischen Reimform – brachte sie die wesentlichen Forderungen der IG Metall auf den Punkt:
„Wir fordern sieben Prozent mehr, denn wir sind der Meinung, die müssen her.
Und unsere Azubis sollen auch nicht leer ausgehen, 170 Euro mehr, die sollen sie sehen.“
Und mit Blick auf die am Nachmittag anstehende nächste Verhandlungsrunde sagte Borchelt: „Eine eindeutige Botschaft geht von eurer Stärke aus, bei den Verhandlungen, da muss was raus.“
Ebenso viel Freude an der originellen Darbietung Borchelts wie die Warnstreikenden hatte auch Dirk Schulze, Leiter des IG Metall-Bezirks Berlin-Brandenburg-Sachsen und Mitglied der Verhandlungskommission der IG Metall. Vor seiner Fahrt nach Hamburg zur vierten Verhandlung in der diesjährigen Tarifrunde an diesem Nachmittag kam er noch auf einen Abstecher zum Warnstreik in Hennigsdorf vorbei. Dort stimmte er Anne Borchelt zu und bekräftigte erneut, dass die Forderung von sieben Prozent mehr Geld „berechtigt und goldrichtig ist und in die Zeit passt“ – und dass die Forderung von 170 Euro monatlich mehr für die Auszubildenden „absolut notwendig ist“.
Die Fachleute seien sich einig, dass der private Konsum der Schlüssel für Wirtschaftswachstum sei, so Schulze. „Das bisherige Angebot der Arbeitgeber zeigt, dass sie offensichtlich keine Fachleute für gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Entwicklung sind“, sagte Schulze. „Sonst hätten sie schon längst mehr als solch ein mickriges Angebot vorgelegt.“
Der aktuelle Verhandlungstand sieht wie folgt aus: Bisher schlagen die Arbeitgeber lediglich eine Entgelterhöhung um 1,7 Prozent zum 1. Juli 2025 und um 1,9 Prozent zum 1. Juli 2026 vor. Bis zum 30. Juni 2025 soll es für die Beschäftigten ihrer Meinung nach erst einmal keinen einzigen Euro mehr geben. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll nach den Vorstellungen der Arbeitgeberseite 27 Monate betragen. Auf 27 Monate gerechnet bedeutet dieser Vorschlag eine Lohnerhöhung von gerade einmal 1,6 Prozent. Die IG Metall fordert sieben Prozent mehr Entgelt und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen um 170 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Zudem will die Gewerkschaft eine soziale Komponente für untere Einkommensgruppen und mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten erreichen.
Dirk Schulze stellte in Hennigsdorf klar: „Uns geht es nicht um ein schnelles Ergebnis, uns geht es um ein gutes Ergebnis.“ Er kündigte an, dass die Metallerinnen und Metaller in Brandenburg und ganz Deutschland mit weiteren Warnstreiks – auch 24-Stunden-Warnstreiks – nachlegen werden, wenn die Arbeitgeberseite heute kein vernünftiges Angebot vorlegt. „Auf seine abschließende Frage: „Kommt ihr auch zum Streik raus, wenn es schneit oder querregnet?“, antworteten die Warnstreikenden mit lauter Zustimmung.