04.04.2025 | Beim Auto-Service-Center Mosolf in Ketzin stand am Freitagmorgen des 4. April zwischen 6.00 und 8.00 Uhr der Betrieb komplett still. Der Grund: Die gesamte Belegschaft hatte die Arbeit niedergelegt, um den Druck auf die Arbeitgeberseite in der laufenden Tarifrunde des Kfz-Handwerks spürbar zu erhöhen. Die Arbeitgeber hatten in der ersten Verhandlung am 18. März einen klassischen Fehlstart hingelegt und kein einziges Signal Richtung IG Metall gesendet, geschweige denn ein Angebot vorgelegt.
Die Warnstreikenden versammelten sich kurz vor Sonnenaufgang auf einer Wiese gegenüber der Werkzufahrt und demonstrierten dort unmissverständlich und unübersehbar, dass sie geschlossen hinter den Forderungen der IG Metall stehen. Diese sind klar und eindeutig: 6,5 Prozent mehr Entgelt, 170 Euro mehr für Auszubildende und eine Entlastungskomponente für stark belastete Beschäftigte.
Jordi Ziour, Gewerkschaftssekretär bei der IG Metall Oranienburg-Potsdam, freute sich über die große Beteiligung an dem ersten Warnstreik bei Mosolf seit vier Jahren. „Es ist großartig, so viele Engagierte zu sehen, die bereit sind, für ihre Rechte einzustehen“, sagte Ziour zu Beginn seiner Rede zu den Kolleginnen und Kollegen. „Das ist gelebte Solidarität. Das ist der Kerngedanke von Gewerkschaft.“
Ziour kritisierte die fehlende Wertschätzung des Arbeitgebers für seine Beschäftigten. „Es ist eine Schande, dass eure wertvolle Arbeit so wenig gewürdigt wird“, sagte Ziour und fragte: „Wer erarbeitet denn jeden Tag den Wohlstand? Das seid ihr. Deswegen habt ihr euch mehr verdient.“ Ziour unterstrich, dass die Forderungen der IG Metall mehr als gerechtfertigt seien. „Deswegen müssen wir jetzt Druck machen“, sagte Ziour und warnte die Arbeitgeberseite: „Wer in Anbetracht des Fachkräftemangels jetzt nicht die Entgelte anpasst, macht das Kfz-Handwerk unattraktiv.“
Stefanie Haberkern, Mitglied der Verhandlungskommission und zuständig für Tarifpolitik im Kfz-Handwerk im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen, betonte, dass die Beschäftigten in der Region dringend eine Angleichung der Löhne brauchen. Noch in diesem Jahr müssten die Löhne in Brandenburg an die in Berlin angeglichen werden, so Haberkern. Und perspektivisch müsse eine Angleichung an das Niveau der Löhne im Westen das Ziel sein.
Haberkern hob besonders hervor, dass die besonders stark belasteten Beschäftigten in den Kfz-Betrieben dringend eine aktive Entlastung benötigen, „entweder in Form von zusätzlichen Zahlungen oder zusätzlichen freien Tagen.“ Haberkern: „Darum fordern wir in dieser Tarifrunde neben einer Entgelterhöhung von 6,5 Prozent und 170 Euro mehr für Auszubildende auch eine Entlastungskomponente.“
Die Kampfbereitschaft der Kolleginnen und Kollegen in dieser Tarifrunde zeige, dass sie bereit und entschlossen seien, für ihre Rechte und eine sichere Zukunft im Kfz-Handwerk einzutreten, so Haberkern.
Hella Hesselmann, Regionsgeschäftsführerin des DGB Westbrandenburg, überbrachte den Warnstreikenden solidarische Grüße vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften. An die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht Mitglied der IG Metall sind, appellierte Hesselmann: „Tretet in die Gewerkschaft ein. Je mehr wir sind, umso stärker sind wir und umso mehr unserer berechtigten Forderungen können wir dann gemeinsam durchsetzen“
Zur aktuellen Lage der Kfz-Branche: Die Branche steht wirtschaftlich stabil da, die Werkstätten sind gut ausgelastet, Fachkräfte werden dringend gesucht. Wenn jetzt keine Anpassung der Entgelte erfolgt, besteht die Gefahr, das Handwerk langfristig unattraktiv zu machen – mit erheblichen Konsequenzen für die Zukunft. Schon jetzt verlassen Kolleginnen und Kollegen vor allem wegen geringer Wertschätzung und hohen Arbeitsdrucks vermehrt die Betriebe, wie aus einer aktuellen Beschäftigtenbefragung der IG Metall hervorgeht.
Mosolf in Ketzin ist da keine Ausnahme. „Wir haben große Probleme, Fachkräfte und Ausbildende zu finden“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Danny Lehmann am Rande des Warnstreiks. „Weil sie keine Wertschätzung für ihre Arbeit erfahren, ist die Stimmung bei vielen Kolleginnen und Kollegen im Keller.“
Die nächste Tarifverhandlungsrunde im Kfz-Handwerk ist übrigens für den 24. März 2025 terminiert.