Vierter Warnstreik der Pritzwalker Zahnradwerker

Zahnradwerker aus Pritzwalk streiken vor dem Schwesterwerk in Bassum für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld

08.04.2025 | Warnstreik einmal anders: Die Zahnradwerker aus Pritzwalk sind für ihren vierten, diesmal achtstündigen Warnstreik am Montag, 7. April, um kurz nach 6.30 Uhr in der Früh erst einmal mehr als 300 Kilometer mit einem Bus nach Bassum bei Bremen gefahren, um dort vor den Toren ihres Schwesterwerks – der Zahnradfabrik Stelter – für verbesserte Arbeitsbedingungen und mehr Geld zu demonstrieren.

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Der auswärtige Warnstreik der Kollegen aus dem Zahnradwerk in Pritzwalk vor dem Schwesterwerk in Bassum war ein voller Erfolg und erregte viel Aufsehen. - Fotos: Volker Wartmann

Die Stimmung bei den Zahnradwerkern aus Pritzwalk war bereits vor der Abfahrt nach Bassum gut.

Weil leitende Angestellte des Zahnradwerks die Abfahrt des Busses blockierten, musste der Busfahrer die Polizei rufen.

Die Fahrt nach Bassum dauerte etwa fünf Stunden - inklusive Rauch- und Pinkelpausen.

Ein Videograf dokumentiert die Ankunft der Zahnradwerker in Bassum in bewegten Bildern.

Anne Borchelt (Mitte), Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, informierte die Kollegen über den Ablauf der Protestveranstaltung.

Laut pfeifend, trötend und trommeld zogen die Warnstreikenden aus Pritzwalk um die großflächige Zahnradfabrik Stelter in Bassum.

Eine Journalistin von der örtlichen Presse (rechts) fotografiert den Demonstrationszug der Pritzwalker Zahnradwerker in Bassum.

Die Warnstreikenden aus Pritzwalk waren unüberseh- und unüberhörbar.

Willkommen bei Stelter ...

Die Warnstreikenden aus Pritzwalk demonstrieren Kampfbereitschaft.

Anne Borchelt (links), Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, informierte eine Journalistin von der örtlichen Presse über die schlechten Arbeitsbedingungen im Zahnradwerk Pritzwalk und in der Zahnradfabrik Stelter.

Anlass für die Ortsverlegung des Warnstreiks: Die Zahnradfabrik in Bassum ist der Arbeitsort von Christoph Westerkamp. Und jener Christoph Westerkamp ist auch der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite im Tarifkonflikt im Zahnradwerk Pritzwalk, der seit mehr als einem halben Jahr festgefahren ist: Denn mit seiner hartnäckigen Blockadehaltung provoziert Westerkamp maßgeblich den Stillstand in den mittlerweile acht ergebnislosen Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag. Mit ihrer kreativen Aktion wollten die Zahnradwerker aus Pritzwalk den Druck auf die Arbeitgeberseite spürbar erhöhen. Das ist ihnen offensichtlich gelungen, wie sich bereits bei der Abfahrt aus Pritzwalk zeigte.

Denn die Abfahrt in Pritzwalk verzögerte sich um eine gute halbe Stunde. Der Grund: Der Fertigungsleiter im Zahnradwerk Pritzwalk und der Produktionsleiter der Zahnradfabrik Stelter in Bassum stellten sich vor den Bus und versuchten so, dessen Abfahrt nach Bassum zu blockieren. Sie wollten einen Warnstreik und Protest direkt vor den Toren der Firma Stelter als Anteilseigner und des Arbeitsplatzes von Geschäftsführer Westerkamp offensichtlich mit allen Mitteln verhindern. Erst die vom Busfahrer herbeigerufenen Polizisten konnten die beiden dazu bewegen, die unrechtmäßige Blockade des Busses zu unterlassen.

Im Bassum angekommen, marschierten die Warnstreikenden aus Pritzwalk unüberseh- und unüberhörbar laut pfeifend, trommelnd und trötend um die großflächige Zahnradfabrik und zogen die neugierigen Blicke zahlreicher Kolleginnen und Kollegen dort auf sich.

„Wenn das Zahnradwerk als Arbeitgeber attraktiv sein will, wie er es ständig in der Presse verlautbart, sollte der Arbeitgeber seine Blockadehaltung schleunigst aufgeben“, sagte Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg. Borchelt ist die Verhandlungsführerin der IG Metall bei den Tarifverhandlungen im Zahnradwerk Pritzwalk. „Fachkräfte haben für ihre gute Arbeit eine entsprechende Wertschätzung und deutlich mehr als den Mindestlohn verdient“, so Borchelt. „Sie haben das Recht auf eine faire Bezahlung, die zum Leben reicht. Wer seine Beschäftigten nur ausbeutet, kann kein Unternehmen führen.“ Borchelt stellte unmissverständlich klar: „Als Unternehmer stehen die Gesellschafter hier in der Verantwortung für ihre Beschäftigten.“

Dem Arbeitgeber werde es nicht gelingen, langfristig Fachkräfte in seinen Werken in Bassum und Pritzwalk zu halten, wenn er die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung nicht spürbar verbessere, warnt Anne Borchelt. Die Gewerkschafterin schließt nicht aus, dass sich die Belegschaften beider Werke zusammenschließen, um künftig gemeinsam für bessere Arbeits- und Lohnbedingungen zu streiten.

Wie katastrophal die Arbeitsbedingungen im Zahnradwerk Stelter in Bassum bereits seit langem sind, schilderte Herbert Hahn den angereisten Warnstreikenden aus Pritzwalk. Hahn ist politischer Sekretär der IG Metall Geschäftsstelle Nienburg-Stadthagen und kennt die verheerenden Arbeitsbedingungen in der Zahnradfabrik Stelter in Bassum seit Jahren.

„Aus gewerkschaftlicher Sicht herrschen hier in Bassum unhaltbare Zustände“, sagte Herbert Hahn. „Wir versuchen hier seit vielen Jahren, einen Betriebsrat zu installieren. Das verhindert der Arbeitgeber mit allen möglichen unlauteren Mitteln und kündigt engagierten Kollegen, die sich dafür einsetzen.“ Die Kollegen schilderten ihm Arbeitsbedingungen, die man fast nicht glauben könne, so Hahn. Es sei schon vorgekommen, dass Beschäftigten Urlaubstage abgezogen wurden, weil sie krank waren. „Die Leute werden in Einzelgesprächen oft massiv eingeschüchtert, wenn sie sich für ihre Rechte einsetzen“, sagte Hahn.

Umso mehr freute er sich über die öffentlichkeitswirksame Aktion der Kollegen aus Pritzwalk und hofft, dass diese den Kollegen in Bassum neuen Mut gibt. Hahn: „Es ist ein Seelenwunsch von mir, dass hier in der Zahnradfabrik endlich Gerechtigkeit einzieht.“

Metaller Micheal Siemens, Betriebsratsvorsitzender im Zahnradwerk Pritzwalk, bewertete den auswärtigen Warnstreik und die gemeinsame Aktion in Bassum als vollen Erfolg. „Wir zeigen weiter Gesicht für unsere Zukunft“, sagte Siemens. „Es wird der Geschäftsführung nicht gelingen, den Konflikt auszusitzen. Das lassen wir nicht zu. Wir sind kampfbereit und in der Lage, den Druck noch weiter zu erhöhen.“

Das war auch der einhellige Tenor der 40 mitgereisten Warnstreikenden der Frühschicht aus dem Zahnradwerk Pritzwalk. Sie kündigten an, dass sie schon bald wiederkommen werden, wenn sich der Arbeitgeber nicht endlich bewege und auf ihre berechtigten Forderungen eingehe.

 

Von: vw

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