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Sechster Warnstreik im Zahnradwerk Pritzwalk

24-Stunden-Warnstreik am Nikolaustag: Knecht Ruprecht liest dem Arbeitgeber die Leviten

06.12.2021 | Der Nikolaustag 2021 dürfte als ein besonderer in die Geschichtsbücher Pritzwalks eingehen: Am 6. Dezember legte die Belegschaft des Zahnradwerks ab 6.00 Uhr morgens zum sechsten Mal die Arbeit nieder, um ihre Forderung nach einem fairen Tarifvertrag zu untermauern. Diesmal traten die Früh-, Spät- und Nachtschicht bis zum Folgetag um 6.00 Uhr für 24 Stunden in den bisher längsten Warnstreik in dieser Tarifauseinandersetzung.

Am Nikolaustag traten die Zahnradwerkerinnen und Zahnradwerker ab 6.00 Uhr morgens in einen 24-stündigen Warnstreik. - Fotos: Volker Wartmann

Zahlreiche Familienangehörige unterstützten die Streikenden.

Knecht Ruprecht (links) las dem Arbeitgeber am Nikolaustag ordentlich die Leviten.

Stefanie Jahn, Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam, forderte die Geschäftsführung auf, endlich gemeinsam konstruktiv über ein Lösungsmodell zu reden.

IG Metall-Vertrauensleute von Alstom aus Hennigsdorf demonstrieren ihre Solidarität mit den Zahnradwerkerinnen und Zahnradwerkern.

Der Betriebsratsvorsitzende Dennis Weidel (links) gibt einer Pressevertreterin ein Interview.

Cool wie die Temperatur an diesem Tag: der Easy Rider Osterhase.

Dorit Hein (rechts), Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes Prignitz, sicherte den Warnstreikenden die Solidarität der Schwestergewerkschaften zu. Links der Betriebsratsvorsitzende Dennis Weidel.

Die Forderungen der Zahnradwerker sind unmissverständlich.

Ganz wichtig im Arbeitskampf: Zusammenhalt!

Auch Maren Kuhnert (rechts), Betriebsrätin bei Diehl in Zedenick und Mitglied im Ortsvorstand der IG Metall Oranienburg, kam zu einem Solidaritätsbesuch vorbei.

Tatkräftig unterstützt wurden die Zahnradwerkerinnen und Zahnradwerker an diesem Tag nicht nur von Knecht Ruprecht und seinem Verbündeten, dem Osterhasen. Auch zahlreiche Pritzwalkerinnen und Pritzwalker, Vertreterinnen des DGB-Kreisverbands Prignitz, IG Metall-Vertrauensleute von Alstom aus Hennigsdorf, Familienangehörige aller Generationen und Mitglieder des Ortsvorstands der IG Metall Oranienburg waren zum Zahnradwerk gekommen, um ihre Solidarität mit den Streikenden zu demonstrieren. Auch der Betriebsrat von Voith aus Heidenheim – Voith ist ein Kunde des Zahnradwerks – ließ den Streikenden solidarische Grüße ausrichten und betonte, dass die Kolleginnen und Kollegen in Süddeutschland den Kampf der Zahnradwerkerinnen und Zahnradwerker für einen Tarifvertrag unterstützen.

Ein Höhepunkt des Streiktags war der Auftritt Knecht Ruprechts am frühen Nachmittag. Er zitierte ein bekanntes Gedicht von Theodor Storm in leicht abgewandelter Form, mit dem er den Beschäftigten aus dem Herzen sprach: „… Von drauß vom Walde komm ich her, verehrte Arbeitgeber, wir wollen hier mehr … Wollen Sie denn die Urabstimmung? Nein? Dann kommen Sie doch zur Besinnung. Und nehmen Sie doch an, was ich Ihnen sag‘, Ihre Belegschaft hier will den Tarifvertrag. …“ (Das Gedicht in voller Länge finden Sie hinter diesem Link.) Anschließend verteilte Knecht Ruprecht – gemeinsam mit dem Osterhasen – leckere IG Metall-Lebkuchenelche an alle.

„Das Ziel der Beschäftigten ist, mit einem Tarifvertrag die Zukunft zu sichern – ihre eigene und die des Unternehmens “, stellte Stefanie Jahn, Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam, klar. „Ich betone gerne noch einmal in Richtung Gesellschafter: Lassen sie uns miteinander konstruktiv über ein Lösungsmodell reden, das zum Unternehmen und der Situation passt. Nehmen Sie ihre Beschäftigten endlich ernst und hören Sie ihnen zu. Die Vermeidung einer weiteren Zuspitzung des Konflikts liegt in Ihren Händen.“

Jahn hatte in der Vorwoche ein weiteres Mal mit der Geschäftsführung telefoniert. Aber diese sei noch immer zu keiner Annäherung bereit gewesen, berichtete Jahn. „Wir werden nicht lockerlassen und sind bereit, mit euch die nächsten Schritte zu gehen“, sagte Jahn zu den Streikenden. „Es geht um die Sicherung der Zukunft von euch und der des Unternehmens.“ In Richtung Arbeitgeber betonte Jahn zum wiederholten Mal: „Dieses Ziel können wir nur gemeinsam erreichen.“

Um Druck auf die Geschäftsführung zu machen und diese endlich an den Verhandlungstisch zu bringen, hatte die Belegschaft in den vergangenen Wochen bereits fünf Mal die Arbeit niedergelegt, bei ihrem bisher letzten Warnstreik am 18. November 2021 für acht Stunden.

„Die Leute hier brennen für einen Tarifvertrag und wollen ihn unbedingt haben“, unterstrich der Betriebsratsvorsitzende Dennis Weidel. „Die Geschlossenheit der Belegschaft ist ungebrochen. Immer mehr Leute engagieren sich immer mehr, um endlich zu ihrem Ziel zu kommen.“

Dorit Hein, Vorsitzende des DGB-Kreisverbands Prignitz sagte empört: „Es ist eine Schande, dass ihr dafür streiken müsst, was ihr auf euren Schildern fordert: einen Tarifvertrag. Ein Tarifvertrag sollte etwas Selbstverständliches sein“, so Hein. „Ein solcher Arbeitskampf ist in der Prignitz ein Novum. Die Schwestergewerkschaften stehen fest an eurer Seite!“

„Respekt für euren Mut. Ihr setzt hier Zeichen für die neuen Bundesländer, mit denen ihr Geschichte schreibt“, sagte Tanja Scholz, Leiterin der IG Metall-Vertrauensleute bei Alstom in Hennigsdorf. „Was ihr hier macht, macht ihr ja nicht nur für eure eigene Zukunft, sondern auch für die eurer Kinder.“

Die sture Gesprächsverweigerungshaltung der Geschäftsführung ist weder für die Beschäftigten noch die IG Metall nachvollziehbar. „Dass die Geschäftsführung noch immer versucht, die Sache hier auszusitzen, sorgt bei der Belegschaft für sehr großes Unverständnis und Wut“, sagt Zahnradwerker Michael Siemens, Mitglied der Tarif- und Verhandlungskommission. „Die Kolleginnen und Kollegen im Zahnradwerk sind sich einig: Ohne Tarif, ohne uns! Darum haben sie der IG Metall schon vor Monaten das Mandat übertragen, mit dem Arbeitgeber über einen Tarifvertrag zu verhandeln. Die Geschäftsführung könnte es so einfach haben. Die Voraussetzungen für Verhandlungen sind im Grunde doch längst gegeben: Die Geschäftsführung will über Lohnerhöhungen reden, die IG Metall auch.“

 

Von: vw

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