Zweiter Warnstreik im Zahnradwerk Pritzwalk

Belegschaft fordert Geschäftsführung nachdrücklich zu Verhandlungen mit der IG Metall über einen Tarifvertrag auf

19.10.2021 | Im Zahnradwerk Pritzwalk standen die Maschinen am 19. Oktober zwischen 13.00 und 16.00 Uhr erneut still; die Werkshallen waren während dieser Zeit verwaist. Die Kolleginnen und Kollegen der Früh- und Spätschicht versammelten sich stattdessen zu einem dreistündigen Warnstreik vor dem Werkstor.

Am zweiten Warnstreik im Zahnradwerk Pritzwalk beteiligten sich die Früh- und die Spätschicht. - Fotos: Volker Wartmann

Auch die Auszubildenden im Zahnradwerk fordern bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen.

Großes Medieninteresse: Unter anderem berichtete auch der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) über den Warnstreik.

Die Kolleginnen und Kollegen stehen geschlossen hinter den Forderungen der IG Metall.

Klare Botschaft Richtung Arbeitgeber.

"Ohne Tarif, ohne uns."

Daumen hoch für die Forderungen der IG Metall.

Stefanie Jahn, Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam (links) und der Betriebsratsvorsitzende Dennis Weidel (rechts) fordern die Geschäftsführung auf, endlich mit der IG Metall zu verhandeln.

Michael Siemens, Mitglied der IG Metall-Verhandlungskommission, kündigte an: "Wir sind noch steigerungsfähig."

Die Beschäfftigten demonstrieren Geschlossenheit.

Mit ihrem zweiten Warnstreik innerhalb von vier Wochen machten die Beschäftigten unmissverständlich deutlich, dass sie nicht bereit sind, die fortwährende Blockadehaltung und Tatenlosigkeit ihres Arbeitgebers hinzunehmen. Die Geschäftsführung des Zahnradwerks hatte am 15. Oktober erklärt, nicht mehr mit der IG Metall über einen Tarifvertrag zu sprechen, weil sie die Gewerkschaft nicht als Verhandlungspartner akzeptiert.

„Wir bedauern es sehr, dass die Geschäftsführung jegliche Gesprächsbereitschaft verweigert, mit uns konstruktiv und zielführend über einen fairen Tarifvertrag für die Beschäftigten zu verhandeln", sagt Stefanie Jahn, Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam. „Die Geduld der Kolleginnen und Kollegen ist am Ende. Sie sind nicht bereit, sich noch länger hinhalten zu lassen. Sie wollen endlich auf Augenhöhe verhandeln.“

Die IG Metall hatte der Geschäftsführung beim bisher letzten Gespräch am 11. Oktober ein konkretes Angebot vorgelegt. „Besonnene Kompromisse sind die Grundlage unseres Angebots. Unser Vorschlag ist ein Haustarifvertrag, der die betriebliche Realität berücksichtigt und den Arbeitgeber nicht überfordert“, sagt Stefanie Jahn. „Wir bewegen uns mit unseren Forderungen deutlich unter dem, was in der Metall- und Elektroindustrie in Brandenburg Maßstab ist. Unser Vorschlag bietet sowohl für die Beschäftigten als auch für den Arbeitgeber eine langfristige Planungssicherheit. Umso ärgerlicher ist es, dass die Geschäftsführung es ablehnt, weitere Gespräche mit uns zu führen. Das ist den Beschäftigten gegenüber mehr als respektlos.““

Die IG Metall fordert neben höheren Löhnen vor allem Einkommensgerechtigkeit. Das heißt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dafür braucht es ein transparentes und gerechtes Entgeltsystem, das es bisher im Zahnradwerk nicht gibt. „Wir schlagen vor, ein solches Entgeltsystem Mitte kommenden Jahres einzuführen. Das bietet auch der Geschäftsführung ausreichend Zeit für die Vorbereitung“, so Stefanie Jahn.

Am Vortag des Warnstreiks hatte die Geschäftsführung im Werk eilig noch eine „Mitarbeiterinformation“ ausgehängt, in der sie „die Auffassung teilt", „dass es an einigen Stellen Unklarheit über die richtige Eingruppierung von Mitarbeitern gibt“. Darüber wolle sie jetzt mit dem Betriebsrat reden.

„Wenn wir als Betriebsrat auf diesen Vorschlag der Geschäftsführung eingehen würden, würden wir den Auftrag der Kolleginnen und Kollegen torpedieren. Die meisten Beschäftigten hier im Zahnradwerk sind IG Metall-Mitglieder: Und diese haben ganz klar der IG Metall den Auftrag erteilt, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln“, sagt Dennis Weidel, Betriebsratsvorsitzender im Zahnradwerk Pritzwalk. „Manche arbeiten hier bereits in der zweiten oder dritten Generation. Die Kolleginnen und Kollegen haben über Jahrzehnte die Erfahrung gemacht, dass hier keine vernünftige Lohnentwicklung stattgefunden hat." Die Leute seien erwartungsvoll, so Weidel: „Um endlich bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen zu erreichen, müssen wir jetzt mit Unterstützung der IG Metall weiter Druck machen.“

Das bestätigt auch Kollege Michael Siemens, Mitglied der IG Metall-Verhandlungskommission: „Die Leute sind vergrätzt, weil wir als Verhandlungskommission kein Gehör bei der Geschäftsführung finden“, so Siemens. „Mit dem heutigen Warnstreik setzen wir erneut ein deutliches Zeichen: Wir wollen endlich vorankommen! Denn das fordern die IG Metall-Mitglieder hier im Betrieb!“

Michael Siemens weiter: „Ich hoffe, die obere Etage wird nach diesem zweiten Warnstreik endlich wach und setzt sich mit uns an den Verhandlungstisch. Wenn die Geschäftsführung weiterhin keine Bereitschaft zeigt, mit der IG Metall zu verhandeln, behalten wir uns weitere Maßnahmen vor. Wir sind noch steigerungsfähig!“

Stefanie Jahn kündigte zu Abschluss des zweiten Warnstreiks an: „Wir laufen uns gerade warm. Die Kolleginnen und Kollegen stehen zusammen und erwarten eine angemessene Wertschätzung. Auf Dauer wird der Arbeitgeber sich den berechtigten Interessen der Belegschaft nicht verweigern können.“

 

Berichterstattung

19. Oktober 2021, rbb Fernsehen, Brandenburg aktuell

19. Oktober 2021, Märkische Allgemeine Zeitung

 

 

Von: vw

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