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1300 Arbeitsplätze in Gefahr – IG Metall kündigt Widerstand gegen Alstom-Pläne an

10.12.2021 | Die IG Metall reagiert mit Gegenwind auf die Pläne des Alstom-Konzerns. Das französische Unternehmen hatte am 10. Dezember verkündet, an seinen deutschen Standorten massiv Stellen zu streichen. Bundesweit sollen bis zu 1300 Arbeitsplätze den Plänen des Unternehmens in den kommenden drei Jahren – überwiegend in der Produktion – zum Opfer fallen. Die im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen liegenden Standorte Hennigsdorf, Görlitz, Bautzen und im Headquarter Berlin sind besonders stark von dem geplanten Personalabbau betroffen.

Alstom gefährdet mit seinen Plänen nicht nur die Zukunft seiner Beschäftigten, sondern auch die Klimaziele allgemein. Beim FairWandel-Aktionstag Ende Oktober haben die Beschäftigten im Berliner Regierungsviertel für eine faire Transformation geworben. - Fotos: Volker Wartmann

Bis zu 1300 Stellen sollen dem Rotstift zum Opfer fallen, so der Alstom-Transformationsplan. Fair, ökologisch und demokratisch geht anders.

Alstom-Gesamtbetriebsratsvorsitzender René Straube (links) beim Aktionstag Ende Oktober mit Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall.

IG Metall-Vertrauensleute von Alstom in Hennigsdorf zeigen Flagge beim Aktionstag Ende Oktober in Berlin.

„Personalabbau ist ein einfaches und zunächst schnell wirksames Mittel des Managements. Auf lange Sicht bedeutet das aber Know-how-Verlust“, sagte Birgit Dietze, Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen. „Der Klimawandel erfordert Maßnahmen für eine gelingende und schnelle Mobilitätswende mit vielen eng getakteten Zügen auf den Strecken von ICE, Regional- und Straßenbahnen sowie einem schnellen Ausbau des Güterverkehrs. Für nicht elektrifizierte Strecken stehen technologisch inzwischen Wasserstoff- und Batteriezüge bereit. Wer soll denn die Mobilitätswende auf die Schiene bringen, wenn wir die Menschen abbauen, die das können, was die Zukunft braucht?“

„Die Mobilitätskonzepte der Zukunft mit deutlich mehr Personen- und Güterbeförderung auf der Schiene brauchen rollendes Material und Menschen, die diese Züge bauen", sagte Anne Borchelt, zuständige IG Metall-Betriebstreuerin von Alstom. „Sollten die Pläne der Geschäftsführung umgesetzt werden, vor allem Stellen in den fertigungsnahen Bereichen abzubauen, stellt sich die Frage, wer dann die Züge bauen soll, die für die Mobilitätswende notwendig sind. Die Bahnbranche ist eine entscheidende Branche dafür, dass es gelingt, den Klimawandel zu bremsen."

„Fertigung und Konstruktion an einem Ort zu haben, war immer unser Erfolgskonzept. Das gehört für uns zusammen", sagte Volkmar Pohl, Alstom-Betriebsratsvorsitzende in Hennigsdorf. „Die Pläne, die Alstom jetzt verfolgt, sind hanebüchen. Wenn hier jetzt Arbeitsplätze in der Produktion abgebaut werden sollten, ginge das ganze Know-how verloren. Dann haben wir wenig Chancen, von der Mobilitätswende zu profitieren und am Marktpotential, das sich der Bahnbranche bietet, teilzuhaben." Pohl weiter: "Solche Pläne kurz vor Weihnachten zu veröffentlichen, zeugt von sehr wenig Respekt gegenüber den Beschäftigten. Dieses Verhalten widerlegt auch die Aussage der Alstom-Geschäftsführung, bei der Übernahme von Bombardier die Belegschaft halten und bei der Integration mitnehmen zu wollen."

Die IG Metall wird die Stellenstreichungen nicht widerspruchslos hinnehmen. Bezirksleiterin Birgit Dietze kündigte an: „Wir werden jetzt schnell in Dialog mit unseren Mitgliedern und den Betriebsräten an den Standorten gehen, um gewerkschaftliche Antworten für die Zukunft zu entwickeln. Wir stellen uns dabei den wirtschaftlichen Herausforderungen, wollen aber Lösungen, die – anders als ein reiner Personalabbau – auf die Zukunft einzahlen.“


Derzeit arbeiten an allen deutschen Standorten rund 9400 Kolleginnen und Kollegen. Bis zu 1300 Stellen will der französische Konzern in den kommenden drei Jahren – beginnend ab 2022 – streichen. Besonders stark trifft dies die Standorte im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. In Hennigsdorf stehen 350 bis 450 Stellen auf der Streichliste, in Görlitz 300 bis 400, in Bautzen 100 bis 150 sowie im Headquarter Berlin 50 bis 100.

Entsetzt äußerte sich auch Renè Straube, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Alstom in Deutschland: „„Heute in einer der wichtigsten Branchen für die Zukunft unserer Gesellschaft massiven Abbau von Arbeitsplätzen und Kompetenzen zu betreiben, ist kurzsichtig und sträflich. Die Bahnbranche mit hervorragenden Perspektiven und einer zentralen Rolle in den anstehenden Prozessen rund um Klimawandel, Energie- und Verkehrswende zu schwächen, führt die deutschen und europäischen Bestrebungen ad absurdum, diese Klimaziele zu erreichen. Personalanpassung an Auslastung ist der falsche Weg. Anpassung der Auslastung an die Kapazitäten ist das Gebot der Stunde. Nur innovative Entwicklung, Investitionen und Qualifizierung sorgen für eine sichere Zukunft!“

Zudem ruft auch der Zeitpunkt, zu dem Alstom seine Pläne verkündet hat, massive Kritik hervor. „Diese Maßnahmen kurz vor Weihnachten zu verkünden, zeugt von einem hohen Grad an Respektlosigkeit gegenüber den Kolleginnen und Kollegen und wirft die Frage nach dem tatsächlichen Wert der selbstdefinierten Unternehmensethik auf“, so René Straube.

Dass Alstom angekündigt hat, im Rahmen seines Transformationsplans im Bereich Engineering, Digitalisierung, Software und Produktentwicklung in den nächsten zwei bis drei Jahren Stellen aufzubauen, tröstet dabei nicht über die Kürzungen in der Produktion hinweg. Deutschland ist nicht nur für seine Entwicklungsfähigkeit bekannt, sondern insbesondere auch für seine hohe Qualität in der Produktion, „made in Germany“ ein Qualitätssiegel, das für höchste Ansprüche und die hervorragende Arbeit der Fachkräfte steht. Dies bringt Alstom mit seinen kurzsichtigen Abbauplänen in Gefahr, befürchten IG Metall und Betriebsrat. Gerade die enge Verknüpfung von Entwicklung und Produktion sei der Garant für eine hohe Qualität.

 

Von: vw

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