Erster Warnstreik bei der Paul Hartmann AG in Brück

Beschäftigte fordern von der Arbeitgeberseite endlich ein ernstzunehmendes Verhandlungsangebot

04.06.2024 | Zwischen 13 und 15 Uhr lief am Dienstag, 4. Juni, beim Inkontinenzprodukte-Hersteller Paul Hartmann in Brück gar nichts mehr, die Werkhallen waren wie leergefegt. Nahezu sämtliche Kolleginnen und Kollegen aus der Produktion und der Logistik versammelten sich stattdessen bei heiterem Sommerwetter zu ihrem ersten Warnstreik in der Firmengeschichte vor dem Werktor, um den Druck auf die Arbeitgeberseite in den laufenden Tarifverhandlungen der Textilindustrie Ost spürbar zu erhöhen. Mit ihrer Geschlossenheit demonstrierte die Belegschaft unmissverständlich, dass sie fest entschlossen ist, für ihre berechtigten Tarifforderungen zu kämpfen.

Die Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen beim erstem Warnstreik bei der Paul Hartmann AG in Brück war überragend. - Fotos: Volker Wartmann

Die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen sind unmissverständlich.

Der Betriebsratsvorsitzende Gunnar Kitzel (links) und Anne Borchelt (rechts), Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg Potsdam, freuen sich über die große Beteiligung der Belegschaft am ersten Warnstreik bei Hartmann in Brück.

Der Protest der Beschäftigten war unüberhörbar.

Eine klare Botschaft Richtung Arbeitgeber: Inflationsausgleich statt Postkarten.

Daumen hoch für die Forderungen der IG Metall.

Der Betriebsratsvorsitzende Gunnar Kitzel (rechts) prangert die Ungleichbehandlung der Hartmann-Beschäftigten in Ost und West an.

Die Zahl der IG Metall-Mitglieder unter den Beschäftigten bei der Paul Hartmann AG in Brück wird immer größer.

Warnstreik und gute Laune sind kein Widerspruch.

Tröten für die Forderungen der IG Metall.

„Das bisherige Angebot der Arbeitgeberseite ist mehr als unzureichend und ein Affront gegenüber den Kolleginnen und Kollegen, die hier tagtäglich gute Arbeit leisten. Es gleicht noch nicht einmal die Kosten der Inflation aus. Und schon gar nicht bringt es die längst überfällige Angleichung der Löhne in Ost und West voran“, sagte Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam. „Die Kolleginnen und Kollegen sind zurecht empört und nicht bereit, die Verzögerungstaktik der Arbeitgeberseite länger tatenlos hinzunehmen. Sie fordern eine deutliche Volumenverbesserung und eine tragfähige Zukunftsvereinbarung für die Branche.“

In den zwei bisherigen Verhandlungen in der aktuellen Tarifrunde hat der Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti) noch kein ernstzunehmendes Angebot vorgelegt. Er bietet bisher lediglich eine Lohnerhöhung von 3 Prozent in diesem Jahr und 3,3 Prozent mehr im kommenden Jahr an. Damit wollen und werden sich die Kolleginnen und Kollegen nicht zufriedengeben, so Anne Borchelt.

„In der Belegschaft gärt es schon seit längerer Zeit“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Gunnar Kitzel. „Im Vergleich zu den Beschäftigten am Stammsitz in Heidenheim müssen wir hier mehr Wochenstunden arbeiten und bekommen deutlich weniger Lohn.“ Der Lohnunterschied zwischen den beiden Hartmann-Standorten betrage etwa 20 Prozent, so Kitzel. „Diese Ungleichbehandlung empfinden die Kolleginnen und Kollegen hier mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung als höchst ungerecht. Sie fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit, eine Angleichung von Ost und West.“

Anne Borchelt appellierte an den Arbeitgeberverband, bei der nächsten Verhandlung am kommenden Freitag, 7. Juni, ein deutlich verbessertes Angebot vorzulegen, das diesen Namen auch verdient. „Wir haben hier und heute ein starkes und unmissverständliches Signal Richtung Arbeitgeberseite gesendet. Wenn die Arbeitgeber uns jetzt nicht entscheidet entgegenkommen, sind die Kolleginnen und Kollegen bereit, den Druck weiter zu erhöhen und die Warnstreiks auszuweiten“, kündigte Anne Borchelt an.

Die IG Metall fordert in der laufenden Tarifrunde der Textilindustrie Ost:

- eine tabellenwirksame Entgelterhöhung um 8,5 Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 12 Monaten

- eine überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütung

- eine Inflationsausgleichsprämie als soziale Komponente

- eine Erhöhung der Jahressonderzahlung auf das Westniveau von 100 Prozent

- die Fortführung des Tarifvertrags zur Förderung einer demografischen Altersteilzeit.

 

Von: vw

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