Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Beschäftigte trommeln für acht Prozent – Arbeitgeber entziehen sich ihrer Verantwortung

06.10.2022 | „Wer die Preise kennt, fordert acht Prozent!“ Lautstark und unmissverständlich haben Metallerinnen und Metaller aus Berlin und Brandenburg unmittelbar vor Beginn der zweiten Verhandlung für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg am 6. Oktober vor dem Haus der Wirtschaft in Berlin ein deutliches Zeichen in Richtung Arbeitgeber geschickt. Gehört haben sie ihre Beschäftigten wohl – einige Fenster am Verhandlungsort standen offen –, aber wohl noch immer nicht verstanden. Die Verhandlung endete ohne Annäherung und ohne Angebot der Arbeitgeber.

Metallerinnen und Metaller aus Berlin und Brandenburg machten für ihre Forderung von acht Prozent mehr Geld vor der zweiten Verhandlung ordentlich Lärm. Foto: Kathryn Kortmann

Die Botschaft, die auch die Beschäftigten aus den IG Metall-Geschäftsstellen Potsdam und Oranienburg an diesem Vormittag nach Berlin geschickt haben, war eindeutig. „Das Interesse unter den Kolleginnen und Kollegen an dieser Tarifrunde ist enorm hoch“, sagte Sandro Hoffmann, Betriebsratsvorsitzender bei ZF Getriebe in Brandenburg an der Havel.

Aus gutem Grund: Die Inflation ist hoch wie lange nicht mehr. Die Menschen erleben aktuell die höchste Preisentwicklung sei 70 Jahren, getrieben von horrenden Energiepreisen. Dazu reißen Lebensmittel, selbst Grundnahrungsmittel beim Discounter, den Beschäftigten schon für einen kleinen Einkauf ein großes Loch ins Portemonnaie. „Die Preissteigerungen nehmen immer stärker Gestalt an. Inzwischen flattern auch Briefe ins Haus, die deutlich erhöhte Abschlagszahlungen für die Energieversorgung verlangen“, so der ZF-Betriebsratsvorsitzende aus Brandenburg/Havel.

Anders als Unternehmen können die Beschäftigten die steigenden Preise aber nicht weiterreichen. „Deshalb fordern wir, was uns zusteht: acht Prozent“, erklärte Sandro Hoffmann. In den vergangenen zwei Jahren, die geprägt waren durch Kurzarbeit infolge von Coronapandemie oder Lieferkettenengpässen, „haben wir, die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, immer wieder die Kartoffeln aus dem Feuer geholt und trotz aller Beschwerlichkeiten Gewinne für die Unternehmen erwirtschaftet. Da ist es nur gerecht, wenn wir daran auch beteiligt werden“.

Keine Einigung ohne tabellenwirksame monatliche Erhöhnung
Seit 2018 sind die Monatsentgelte in der Metall- und Elektroindustrie nicht mehr gestiegen, immer wieder haben sich die Beschäftigten mit Blick auf die Krisensituation durch Coronapandemie und Lieferkettenengpässe und Transformation der Industrie mit Einmalzahlungen zufriedengegeben. Damit, so berichteten die Rednerinnen und Redner aus den Betrieben, „lassen wir uns diesmal nicht abspeisen. Diesmal wird es ohne tabellenwirksame Erhöhung der Monatsentgelte und Ausbildungsvergütungen keine Einigung geben."

Die Kaufkraft der Kolleginnen und Kollegen müsse durch den Tarifabschluss spürbar gestärkt werden. „Andernfalls sind wir bereit für den Arbeitskampf“, erklärte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Potsdam und Oranienburg. „Die Beschäftigten scheuen die Eskalation nicht. Sie sind entschlossen, wenn es sein muss, auch die Betriebe lahmzulegen. Wertschätzung bedeutet in dieser Tarifrunde mehr denn je eine tabellenwirksame Erhöhung der monatlichen Entgelte. Wer die Preise kennt, fordert acht Prozent!“

Solidarität und Verantwortung der Arbeitgeber gefordert
Irene Schulz, Verhandlungsführerin und Bezirksleiterin der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, forderte den Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) auf, seinem selbst gewählten Motto für die Tarifrunde – „Zusammen nach vorn“ – endlich gerecht zu werden, den Fuß von der Bremse zu nehmen, endlich nach vorne zu gehen und sich auch solidarisch zu zeigen. „Die Beschäftigten liefern seit zwei Jahren unter erschwerten Bedingungen, die Politik hat mit Entlastungspaketen geliefert, jetzt sind die Arbeitgeber dran“, rief Irene Schulz den Metallerinnen und Metallern der Kundgebung am Verhandlungsort zu und forderte die Arbeitgeber auf, „in dieser schweren Zeit Verantwortung für ihrer Beschäftigten zu übernehmen.“

Erneut kein Angebot der Arbeitgeber
Angekommen ist die Botschaft indes bei den Arbeitgebern noch nicht.  „Kein Angebot, keine Annäherung, kein Fortschritt – das ist das ernüchternde Ergebnis von zwei Verhandlungsrunden“, erklärte Bezirksleiterin Irene Schulz nach der Verhandlung.

Bundesweit endet die Friedenspflicht in der Metall- und Elektroindustrie mit dem 28. Oktober. Ab 29. Oktober sind Warnstreiks möglich. Die Vorbereitungen in den Betrieben laufen.

 

Von: kk

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