Bombardier Transportation in Hennigsdorf

Bombardier-Beschäftigte demonstrieren für sichere Arbeitsplätze in Hennigsdorf

16.07.2020 | Mit einer „aktiven Frühstückspause mit Kundgebung“ vor dem Haupttor des Bombardier-Werkes in Hennigsdorf haben trotz Sommerurlaub mehr als 300 Kolleginnen und Kollegen am Donnerstag, 16. Juli, eindrucksvoll für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze am Produktionsstandort Hennigsdorf demonstriert. Die Aktion war Teil eines europaweiten Aktionstages aller Bombardier- und Alstom-Beschäftigten in Deutschland und Europa. Am Tag zuvor hatten die Vertrauensleute des Unternehmens ihre Kolleginnen und Kollegen bereits mit Flugblättern über die Aktion informiert.

Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, erläuterte den Beschäftigten die Forderungen der Gewerkschaft an die Unternehmensleitung. - Fotos: Volker Wartmann

Die Botschaft der Kolleginnen und Kollegen ist klar: Ohne uns keine Zu(g)kunft!

Der Betreibsratsvorsitzende Volkmar Pohl fordert von der Unternehmensleitung mehr Klarheit und Transparenz.

Der Hennigsdorfer Bürgermeister Thomas Günther (SPD) sicherte den Kolleginnen und Kollegen die Unterstützung der Stadt zu.

Standortleiter Marco Michel versprach den Kolleginnen und Kollegen, "sich dafür einzusetzen, das Beste für den Standort zu tun."

Auch Dank des Engagements der IG Metall-Vertrauensleute war die Aktion "aktive Frühstückspause" am Bombardier-Standort Hennigsdorf ein voller Erfolg.

Gewerkschaften und Beschäftigte fordern die Unternehmensleitungen von Bombardier und Alstom auf, alle europäischen Standorte und Arbeitsplätze zu sichern und sich zu echten Garantien zu verpflichten. Denn fünf Monate nach Ankündigung der Übernahme durch Alstom ist die Unsicherheit in den Belegschaften noch immer sehr hoch.

Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg, erinnerte die Unternehmensleitung an ihre Verantwortung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. „Die Lebensgrundlage aller Beschäftigten zu erhalten muss das Ziel sein“, sagte Stefanie Jahn. „Wir wissen nicht, welche Konsequenzen auf die Kolleginnen und Kollegen zukommen. Aber ohne Mitbestimmung wird die Transformation zu keiner Erfolgsgeschichte“, sagte Jahn. „Wir akzeptieren keine Produktionsteilverkäufe, wenn dabei Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Wir wehren uns gegen Tarifflucht und Beschneidung von Gewerkschaftsrechten.“ Den Beschäftigten rief Stefanie Jahn am Ende ihrer Rede zu: „Wenn wir zusammenhalten, ist alles möglich.“

Der Betriebsratsvorsitzende Volkmar Pohl sagte: „Das Wichtigste sind Standort- und Beschäftigungssicherung. Nur zusammen mit der Belegschaft kann man etwas gestalten. Deshalb führt an uns kein Weg vorbei.“ Er appellierte an die Unternehmensleitungen, endlich Klarheit und mehr Transparenz zu schaffen. Es wäre „eine Katastrophe, wenn hier und andernorts Arbeitsplätze verlorengingen“.

Unterstützung beim Kampf um Standort und Arbeitsplätze sicherte Hennigsdorfs Bürgermeister Thomas Günther (SPD) den Kolleginnen und Kollegen zu: „Solidarität und Zusammenstehen sind in dieser Situation sehr wichtig. Wir sind seit mehr als 100 Jahren Industriestandort und wollen das auch bleiben. Wir als Stadt unterstützen euch, wo immer das möglich ist“, so Günther. „Wir wollen, dass die Achterbahnfahrt endlich zu Ende ist und das Werk eine Zukunft hat. Wir brauchen diesen Standort. Wir brauchen eine Zukunft für diesen Ort.“

Bombardier-Standortleiter Marco Michel - seit dem 15. Juli 2020 auch kommissarischer Präsident der Region Mittel-, Osteuropa und Israel - erklärte, Hennigsdorf sei ein „toller Standort“. „Wir haben fähige Leute hier“, so Michel. Es sei „noch nichts in Stein gemeißelt.“ Er versprach den Beschäftigten: „Ich werde mich dafür einsetzen, das Maximale für den Standort zu tun.“

Hintergrund der Sorge der Kolleginnen und Kollegen um ihre Arbeitsplatzsicherheit ist folgender: Vor fünf Monaten hat der französische Zughersteller Alston die Übernahme von Bombardier Transportation angekündigt. Die Unsicherheit der Beschäftigten in beiden Konzernen ist entsprechend groß, besonders in Hennigsdorf. Denn der Alston-Konzern hat in der vergangenen Woche verkündet, wie er eine sich gegebenenfalls marktbeherrschende Stellung kompensieren wolle: Unter anderem durch den Verkauf von Produktionsteilen am Standort Hennigsdorf.

Die Auswirkungen für Beschäftigte in der Produktion und weitergehenden Bereichen wie zum Beispiel Entwicklung, Einkauf und Arbeitsvorbereitung sind unklar. Weiterhin bleibt offen, ob die EU die Pläne von Alstom-Bombardier überhaupt akzeptiert. Das Risiko, dass die EU oder Wettbewerber weitere Einschnitte fordern, ist sehr hoch. Dann könnte die jetzige Ankündigung nur ein Baustein von weiteren einschneidenden Maßnahmen sein.

Unter Schirmherrschaft von industriAll Europe fordern die europäischen Gewerkschaften, alle Arbeitsplätze und Standorte von Bombardier und Alston in Europa zu sichern, vollständige Klarheit über Planungen und die nachhaltige Entwicklung der Unternehmen zu schaffen sowie einen Sozialdialog mit Beschäftigten und Gewerkschaften zu gewährleisten.

„Dieser europaweite Aktionstag bereits vor der Fusion ist ein ganz klares Zeichen an alle Verantwortlichen in Politik und den beteiligten Unternehmen, dass wir nicht kampflos Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen aufgeben“, so Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtige der IG Metall Oranienburg-Potsdam auf der Kundgebung vor dem Werkstor. „Deshalb werden wir jetzt weiterhin zusammen handeln und Stärke zeigen. Wir fordern Zusagen für den Erhalt der Bahnindustrie in Hennigsdorf.“

 

 

 

Berichterstattung:

RBB, 16.07.2020

BZ, 16.07.2020

MAZ, 16.07.2020

 

 

 

Von: vw

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