Zweiter 24-Stunden-Warnstreik bei ZF in Brandenburg

„Unsere klare Botschaft an die Arbeitgeber lautet: Ihr könnt das Thema nicht aussitzen!“

28.04.2021 | Nach der fünften, ergebnislosen Tarifverhandlung mit dem Arbeitgeberverband Berlin-Brandenburg am gestrigen Tag legten am Mittwoch, 28. April, die Beschäftigten von ZF in Brandenburg ab 4.00 Uhr den Betrieb zum zweiten Mal innerhalb einer Woche für 24 Stunden lahm. Mit ihrem zweiten, ganztägigen Warnstreik demonstrierte die Belegschaft eindrucksvoll, dass sie geschlossen hinter der Kernforderung der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen steht: Angleichung Ost jetzt!

Zweiter 24-Stunden-Warnstreik in dieser Tarifrunde: Die Belegschaft von ZF macht unmissverständlich klar, worum es ihr geht: Angleichung Ost jetzt! - Fotos: Volker Wartmann

Wolgang Lemb vom Vorstand der IG Metall betonte, dass die Angleichung eine Thema der gesamten IG Metall ist.

Vor dem Werktor war viel los ...

... hinter dem Werktor lief hingegen heute gar nichts ...

Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, informierte die Belegschaft über die Tarifverhandlung mit den Arbeitgebern am Vortag.

Christoph Welbers, IG Metall-Vertrauensmann und Betriebsrat bei ZF in Brandenburg, betont die Kampfbereitschaft der Belegschaft.

Große Freude bei der gesamten Belegschaft und dem Betriebsratsvorsitzenden Sandro Hoffmann (links): Seine Vorgängerin Carmen Bahlo (rechts) kam zum Solidaritätsbesuch vorbei.

Das Duo "Nah Dran" musste seinen Auftritt auf den Nachmittag verschieben, weil am Vormittag in der nahegelegenen Schule Prüfungen geschrieben wurden.

Der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser unterstützt die Forderungen der IG Metall vorbehaltslos.

Hella Hesselmann überbrachtte solidarische Grüße vom DGB.

Der Wettergott meinte es wieder gut mit den Warnstreikenden.

Warnstreikwettbewerb Torwandschießen ...

Mir san mir ...

Vorbildlich mit Maske: Stefanie Jahn (rechts) und Wolfgang Lemb (links).

So geht Warnstreik mit coronakonformem Abstand.

Bei ihrer Rede am Vormittag informierte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, die Kolleginnen und Kollegen über die zähe Verhandlung mit den Arbeitgebern am Vortag. „Die Arbeitgeber waren in der gestrigen Verhandlung völlig überfordert, mit unseren Vorschlägen umzugehen. Sie scheinen nicht in der Lage zu sein, darüber nachzudenken, wie man zu konstruktiven Lösungen kommen kann“, sagte Jahn. Die Arbeitgeber sagen immer noch stoisch, dass es nichts obendrauf gibt, so Jahn. „Darum ist es gut, dass wir bereits heute mit dem zweiten 24-Stunden-Warnstreik nachlegen und nicht lockerlassen. Es ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt, das Thema Angleichung in dieser Tarifrunde zu regeln.“

Wolfgang Lemb, Vorstandsmitglied der IG Metall, war aus Frankfurt angereist, um die Kolleginnen und Kollegen vor Ort solidarisch zu unterstützen. „Die Angleichung Ost ist ein Anliegen der gesamten IG Metall, nicht nur der IG Metall in Eurem Bezirk“, sagte Lemb, der an die Arbeitgeber appellierte, sich endlich zu bewegen. „Im Verhaltenscodex von ZF steht, dass keine Diskriminierung geduldet wird, dass es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten geben darf,“ erinnerte Lemb die Unternehmensführung von ZF.

Die Blockadehaltung der Arbeitgeber kann Lemb nicht verstehen. „Die Arbeitgeber wären schon in der Lage, in Sachen Angleichung etwas was zu regeln. Dass sie sagen, das sei nicht machbar, ist Blödsinn. Darum ist es wichtig und vor allem notwendig, dass Ihr heute rausgegangen seid und wir damit weiter Druck auf die Zukunftsverweigerer in Nadelstreifen machen.“ Lemb weiter: „Ich gehe davon aus, dass wir bis zum nächsten Verhandlungstermin mit den Arbeitgebern in Berlin-Brandenburg am 7. Mai weitere Aktionen durchführen müssen, um die Arbeitgeber von ihrer starren Haltung abzubringen. Dass die Menschen hier geringer bezahlt werden, muss ein Ende haben. Es geht um gleiche Arbeit, gleiches Geld.“

Auch aus der Bundespolitik bekamen die Kolleginnen und Kollegen an diesem Tag Unterstützung vor Ort. Pascal Meiser, Mitglied des Bundestages von der Fraktion Die Linke und gewerkschaftspolitischer Sprecher seiner Partei, bezeichnete es als „beschämend“, dass „ihr mehr als 30 Jahre nach der Wende fürs gleiche Geld drei Stunden länger in der Woche arbeiten müsst“. „Es ist ein unglaublicher Anachronismus, dass mehr als 30 Jahre nach der Deutschen Einheit der Osten in vielen Bereichen noch immer schlechter gestellt ist. Deswegen haben die Metallerinnen und Metaller alles Recht der Welt, für die Angleichung zu streiken“, sagte Meiser. „Diese Auseinandersetzung ist mehr als ein klassischer Tarifkonflikt, sondern vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Frage.“ Deshalb sei es gut, dass sich „ganz viele Politiker" an die Seite der Metallerinnen und Metaller gestellt hätten, so Meiser. „Ich würde mir wünschen, dass dazu auch die Bundeskanzlerin und ihr Ostbeauftragter endlich einmal klare Worte finden und auch sie es ernst meinen mit der Vollendung der Deutschen Einheit“, sagte Meiser.

„Heute haben wir unseren zweiten 24-Stunden-Warnstreik gemacht und sind auch bereit, in der nächsten Woche den dritten zu machen, wenn der IG Metall-Vorstand dem zustimmt. Denn wir müssen weiter Druck Richtung Arbeitgeberseite machen“, sagte Sandro Hoffmann, Betriebsratsvorsitzender bei ZF in Brandenburg. „Wenn die Arbeitgeber dann noch immer kein Entgegenkommen zeigen, müssen wir über weitere Eskalationsstufen nachdenken – auch wenn das das letzte Mittel sein sollte.“

Christoph Welbers, IG Metall-Vertrauensmann und Betriebsrat bei ZF, beschrieb die Stimmungslage in der Belegschaft als „ungeduldig“. „Die Kolleginnen und Kollegen sind stinkig, weil sie drei Stunden pro Woche unbezahlt mehr arbeiten müssen als ihre Kolleginnen und Kollegen im Tarifgebiet 1. Ich höre sogar immer wieder Stimmen im Betrieb, die sagen: Sollten wir nicht besser unbefristet rausgehen, um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu erhöhen?“, sagte Welbers. „Ich kann mir vorstellen, dass die Arbeitgeberseite möglicherweise auf Zeit spielt und darauf hofft, dass sich die Warnstreikwelle totläuft.“ Aber das werde nicht funktionieren, so Welbers. „Ich sehe eine große Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, die Maßnahmen noch weiter zu eskalieren, um eine Entscheidung zu unseren Gunsten für unsere berechtigten Forderungen herbeizuführen“, so Welbers. „Die klare Botschaft von uns an die Arbeitgeber lautet: Ihr könnt das Thema nicht aussitzen!“

Solidarische Grüße der DGB Kreis- und Stadtverbände sowie der DGB-Mitgliedsgewerkschaften überbrachte an diesem Tag Hella Hesselmann, Regionsgeschäftsführerin DGB Westbrandenburg. „Der Zeitpunkt für eine Angleichung ist in den Augen der Arbeitgeber immer ungünstig“, sagte Hesselmann. „Darum ist es gut, dass ihr jetzt Druck macht. Lasst euch nicht unterkriegen.“

 

Von: vw

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