Erster Warnstreik bei B.E.S. in Brandenburg an der Havel

Dreistündiger Warnstreik: Brandenburger Elektrostahlwerker senden unmissverständliches Signal Richtung Arbeitgeberseite

01.12.2023 | Wenige Stunden nach Ende der Friedenspflicht traten am 1. Dezember rund 150 Kolleginnen und Kollegen der Nacht- und der Frühschicht im Brandenburger Elektrostahlwerk (B.E.S.) ab fünf Uhr in der Früh in einen dreistündigen Warnstreik. Sie untermauerten damit ihre Forderungen in der diesjährigen Stahl-Tarifrunde: 8,5 Prozent mehr Lohn in den kommenden zwölf Monaten und kürzere Wochenarbeitszeiten. Die Arbeitgeberseite hat in den bisherigen Verhandlungen lediglich 3,1 Prozent Lohnerhöhung bei einer Vertragslaufzeit von 15 Monaten angeboten, über mögliche Arbeitszeitverkürzungen zu reden war sie bisher noch gar nicht bereit.

An dem dreistündigen Warnstreik bei B.E.S. beteiligten sich rund 150 Kolleginnen und Kollegen. - Fotos: Volker Wartmann

Die Stehplätze rund um die Feuerkörbe waren bei den eisigen Temperaturen besonders beliebt.

Der Betriebsratsvorsitzende Martin Bahn (links) und Stefanie Jahn (rechts), Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam, erläuterten den Kolleginnen und Kollegen die Forderungen der IG Metall.

Ab fünf Uhr in der Früh war die Zufahrt zum Stahlwerk für drei Stunden unpassierbar.

Warnstreik bei eisigen Temperaturen und gute Laune sind kein Widerspruch.

Die Forderungen der Kolleginnen und Kollegen sind unmissverständlich.

Anne Borchelt von der IG Metall Oranienburg-Potsdam im Gespräch mit einem Kollegen.

Stefanie Jahn (links), Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg-Potsdam, Thomas Albrecht (Mitte), stellvertretender Betriebsratsvorsitzender und Martin Bahn (rechts), Betriebsratsvorsitzender freuen sich über die hohe Beteiligung der Kolleginnen und Kollegen am Warnstreik.

Bilderbuchwarnstreikwetter sieht wahrlich anders aus: Es war eiskalt und stockfinster an diesem frühen Spätherbstmorgen, als sich die Streikenden ab fünf Uhr in der Zufahrt zum Elektrostahlwerk in Brandenburg an der Havel versammelten – mit der Folge, dass die Produktion im Werk in den folgenden drei Stunden komplett stillstand. Die widrigen äußeren Umstände konnten der Geschlossenheit der Kolleginnen und Kollegen nichts anhaben. Sie wärmten sich mit heißem Kaffee und guter Laune an den lodernden Feuerkörben.

„Es ist wichtig, dass ihr hier und heute so deutlich Flagge zeigt. Denn das, was bisher von den Arbeitgebern gekommen ist, ist mehr als dürftig. Darum brauchen wir am Verhandlungstisch eure Unterstützung vor dem Werktor“, sagte Stefanie Jahn, Geschäftsführerin der IG Metall Oranienburg Potsdam in ihrer Ansprache an die Kolleginnen und Kollegen. „Das Tarifpaket der Arbeitgeber ist noch so gut wie leer. So ein Paket lassen wir uns nicht unter den Weihnachtsbaum legen.“

Die hohe Inflation der letzten anderthalb Jahre hat ein großes Loch in die Portemonnaies gefressen, so Jahn: „Jetzt sind die Arbeitgeber dran, Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet vor allem soziale Sicherheit und damit mehr Geld für die Beschäftigten.“ Stefanie Jahn sagte auch, dass die IG Metall mit den Arbeitgebern über eine mitgliederorientierte soziale Komponente reden wolle.

Die Forderung der IG Metall zur Einführung einer 32-Stunden-Woche begründete Jahn wie folgt: „Wir brauchen die Arbeitszeitverkürzung, um perspektivisch die Beschäftigungsfolgen der Transformation zu grünem Stahl abzufedern. Wenn künftig nur noch grüner Stahl produziert wird, wird es zu einem Druck auf die Beschäftigung kommen. Dann brauchen wir ein Instrument, damit Beschäftigte ihren Arbeitsplatz behalten können. Dabei spielt die 32-Stunden-Woche bei vollem Entgeltausgleich eine herausragende Rolle. Die vorhandene Arbeit wird auf mehr Schultern verteilt und sichert Beschäftigung. Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber in Bezug auf diese Forderung ist nicht nachvollziehbar: Es ist doch jedem klar, dass die Arbeitszeitverkürzung nicht von heute auf morgen eingeführt wird.“

„Damit die Arbeit im Stahlwerk auch künftig attraktiv bleibt, braucht es höhere Löhne und eine Arbeitszeitverkürzung“, betonte auch Martin Baum, Betriebsratsvorsitzender bei B.E.S. „Aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir unsere Forderungen durchsetzen.“

Zum Hintergrund: Die Arbeitgeber haben in der aktuellen Stahltarifrunde bisher lediglich eine Entgelterhöhung um 3,1 Prozent für 15 Monate angeboten. Die IG Metall fordert eine Erhöhung der Monatsentgelte um 8,5 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Zudem will sie eine Arbeitszeitverkürzung durchsetzen. Dies lehnten die Arbeitgeber bisher kategorisch ab. Auf die weiteren Forderungen der IG Metall nach Beschäftigungssicherung, Altersteilzeit und einer Regelung zu Werkverträgen gingen sie bisher erst vage ein. Der nächste Verhandlungstermin ist am 11. Dezember.

 

Von: vw

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