24.03.2020 | Die IG Metall Oranienburg-Potsdam fordert, dass auch Kurzarbeiter in der Corona-Krise zusätzliche, finanzielle, existenzsichernde Unterstützungsleistungen erhalten. In einem Brandbrief an den Brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke und die Mitglieder der Landesregierung fordert Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, die politischen Akteure dazu auf, für eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes um mindestens 20 Prozent einzutreten. Nachfolgend ihr Appell im Wortlaut.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung Brandenburgs,
morgen soll der Bundestag im Schnellverfahren mehrere Gesetzesvorhaben beschließen, damit unter anderem direkte Zuschüsse für kleine Firmen und sogenannte Solo-Selbständige sowie Schutzschirme für Unternehmen ermöglicht werden. Weiter sollen diese Maßnahmen am Freitag auch vom Bundesrat gebilligt werden.
So richtig und notwendig kurzfristige Unterstützungsleistungen für Groß-, Kleinbetriebe und Solo-Selbständige sind, so sehr fehlt es an finanziellen, existenzsichernden Unterstützungsleistungen für Kurzarbeiter.
Ich fordere Sie hiermit auf, sich umgehend dafür einzusetzen, dass der Schutzschirm auch auf Beschäftigte ausgeweitet wird. Anbetracht der Betriebs- und Einkommensstruktur Brandenburgs und insbesondere Ostdeutschlands ist Handeln erforderlich. Es ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht leistbar von einem Tag auf den anderen auf 30-40 Prozent ihres Entgeltes zu verzichten. Hier muss dringend und sofort im Hilfspaket nachgebessert werden. Während die Unternehmen zu 100 Prozent von den Sozialbeiträgen befreit werden, gucken Beschäftigte in die Röhre und teilweise schon deutlich vor dem Monatsende auf ein leeres Konto! Mit Niedriglöhnen im Handwerk, im Dienstleistungsbereich sowie in Kleinstunternehmen, verbunden mit der hohen Anzahl von Betrieben ohne Tarifbindung in Ostdeutschland, ist gerade den Beschäftigten in diesen Bereichen so ein Einkommensbruch nicht zumutbar. Insbesondere Menschen, die auch im normalen Alltag aufgrund ihres geringen Einkommens finanziell herausgefordert sind, treffen solche Einschnitte besonders hart und stellen sie vor existenzielle Fragen. Kündigungsausschluss von Mietwohnungen ist der zweite vor dem ersten Schritt. Da die fehlenden Gelder dauerhaft Löcher reißen, evtl. Kredite getilgt werden müssen und alle Lebenshaltungskosten laufen, ist von vornherein gegenzusteuern und eine Aufstockung dringend erforderlich. Andernfalls bleibt ein Loch im Portemonnaie, das auch im Nachhinein nicht gefüllt werden kann.
Corona und das aktuelle Kurzarbeitergeld in Höhe von 60 bzw. 67 Prozent vom Nettolohn dürfen nicht dazu führen, dass Millionen von Arbeitnehmern in Deutschland finanziell am Rande des Abgrunds stehen.
Deshalb fordere ich Sie, als politisch Verantwortliche, auf:
Treten Sie ein für eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes um mindestens 20 Prozent!
Der Grundgedanke: "Menschen vor Profite" muss unser Leitbild sein!
Ein finanzieller Ruin der Menschen öffnet Populisten Tür und Tor, schädigt unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie die Binnennachfrage in der Zeit nach Corona!
Jeder leistet seinen oder ihren Beitrag in der Krise.
Und ich danke allen, die uns versorgen - egal ob in der ärztlichen Versorgung, Pflege, dem Handel oder im ÖPNV und wünsche ihnen zukünftig ein anerkennendes Einkommen.
Aber: Auch wer nicht arbeiten kann oder darf, muss geschützt werden!
In diesem Sinne, verbleibe ich mit den besten Wünschen für eine gute Gesundheit
Mit freundlichen Grüßen
Stefanie Jahn
1. Bevollmächtigte
IG Metall Oranienburg und Potsdam